Ich bin in Bruneck geboren, meine Familie wohnt in Gais, einem Dorf mit ca. 3000 Einwohnern unweit der Stadt Bruneck im Pustertal. Mein Vater arbeitete bis zu seiner Pensionierung als Karosseriemechaniker, meine Mutter ging diversen Gelegenheitsjobs nach. Beide arbeiteten hart, um mir das Skifahren zu ermöglichen.
Name | Christof Innerhofer |
Geburtstag | 17.12.1984 |
Wohnort | Gais (BZ) |
Größe | 1,86 m |
Gewicht | 89 kg |
Sternzeichen | Schütze |
Hobbys | Trekking, Radfahren, Fischen, Pilze suchen, Börse und Aktien |
Ich bin... | ein offener und sportbegeisterter Typ (no risk, no fun) |
Sportgruppe | Finanzwache |
Mit drei Jahren stellte mich mein Vater vor unserem Haus zum ersten Mal auf Skier. In den darauffolgenden Jahren besuchte ich gemeinsam mit meiner Schwester Sabrina (ein Jahr älter) einige Skikurse.
Obwohl ich stets der Schmächtigste in der Gruppe war, schaffte ich es bei den Kurs-Abschlussrennen meist unter die besten Drei. Doch selbst als ich auf dem Podest ganz oben stand, überragten mich der Zweit- und Drittplatzierte in ihrer Größe. Meine Eltern versuchten mich zu beruhigen. Sie erklärten mir, dass ich in meiner Entwicklung etwas zurück sei, da ich zwei Monate zu früh auf die Welt gekommen bin. Nach einer schweren Geburt gaben mir die Ärzte eine Überlebenschance von 90 Prozent. Den ersten Lebensmonat musste ich im Brutkasten verbringen. Auch im Kind- und Jugendalter zählte ich immer zu den kleinsten und hatte wenig auf den Rippen. Ich ließ mich von diesem Umstand aber nicht beeindrucken und redete mir ein, eines Tages so zu werden wie die anderen.
Vater Gottfried und Mutter Maria sahen die guten Ergebnisse und meinen Ehrgeiz beim Training. Da sie ebenfalls begeisterte Anhänger des Skisports sind, schrieben sie meine Schwester und mich beim Skiclub Bruneck ein. Sie selbst kommen beide aus bescheidenen Verhältnissen und hatten nicht die Chance, eine sportliche Karriere in Angriff zu nehmen. Mein Vater – einst Landesmeister im Naturbahnrodeln - fing mit 14 Jahren an zu arbeiten. Wir Kinder sollten diese Möglichkeit nun bekommen.
Mit zehn Jahren gewann ich mein erstes Rennen im Skigebiet Helm im Hochpustertal. Zwei Jahre später folgte bei den Südtiroler Landesmeisterschaften am Speikboden ein weiterer Sieg im Super-G. Im Februar 1997 schaffte ich den 2. Rang beim nationalen „Topolino“-Rennen am Monte Bondone. Mit diesem Resultat qualifizierte ich mich für das internationale „Topolino“-Rennen, das ich dann mit Platz drei im Riesenslalom beenden konnte. Das Rennen gewann damals der Franzose Jean-Baptiste Grange.
Nach dieser Top-Platzierung entschieden meine Eltern, mir bessere Trainingsbedingungen zu ermöglichen und schickten mich auf die Sportoberschule nach Mals im Vinschgau. Um die vielen Kosten für Skipass, Einschreibegebühren, Ausrüstung und Aufenthalt zu decken, begann meine Mutter nachts in einer Bäckerei zu arbeiten.
In den ersten drei Jahren an der Sportschule hatte ich mit einigen Verletzungen und Misserfolgen zu kämpfen. Oft dachte ich ans Aufgeben. Im zweiten Schuljahr etwa, es war der März 2000, bestritt ich meine erste Abfahrt in Sella Nevea mit der Startnummer 117. Es herrschten schlechteste Bedingungen. 90 Mädchen und 116 Jungs waren bereits den Hang hinabgefahren und die Piste dementsprechend desolat. Im letzten Teilstück überkreuzten sich meine Skier und ich stürzte schwer. Die Verletzungsbilanz: Kniekapsel kaputt, Seitenband und Wadenbein beim Knieansatz eingerissen. Ein Jahr lang musste ich eine Schraube im Knie tragen.
Im Jahr 2001 fuhr ich so schlecht, dass ich ziemlich depressiv wurde. Ich hatte bis zu zehn Sekunden Rückstand auf gleichaltrige Trainingskollegen. Frustriert über die Situation eröffnete ich meinen Eltern, dass ich die Schule schmeißen und mit dem Skifahren aufhören möchte. Lange Diskussionen folgten, ehe sie mich überzeugen konnten, es nach intensivem Sommertraining noch einmal zu versuchen. Genau in dieser Zeit habe ich mich körperlich sehr gut entwickelt. Ich bin zwölf Zentimeter gewachsen und habe zehn Kilogramm zugelegt. Endlich hatte auch ich die physische Größe und Kraft meiner Kollegen und absolvierte in der Folge sehr gute Rennen. Der Sieg der Gesamtwertung beim Finstralcup verschaffte mir einen Platz im Südtiroler Landeskader.
Im Jahr 2003 machte ich meinen Matura-Abschluss und kam in die Sportgruppe der Polizei. Um mir ein Zugeld zu verdienen, arbeitete ich im Sommer als Hilfskraft bei einem Bauunternehmen eines Freundes. Ich musste Unterböden gießen, Isolierungen anbringen oder Gerüste aufbauen. Der Knochenjob lehrte mich, das Schöne am Sport wieder zu schätzen. 2004 schaffte ich es dank guter Resultate in die C-Mannschaft.
Im Jahr 2005 wurde ich Teil der B-Mannschaft und gewann erste Europacuprennen im Super-G und in der Abfahrt in Veysonnaz (Schweiz). In der Europacup-Gesamtwertung erreichte ich im Super-G wie auch in der Abfahrt den 4. Rang.
2006 wurde ich in die Sportgruppe der Finanzwache aufgenommen und stieg in die Weltcup-Abfahrtsmannschaft auf. Trotzdem war mein erstes Weltcuprennen ein Slalom in Levi. Ich schied bereits im ersten Lauf aus, schaffte aber im ersten Teil die viertbeste Zwischenzeit, mit nur elf Hundertstel-Sekunden Rückstand. Die ersten Weltcup-Punkte sammelte ich bei einem Superkombi-Rennen auf der Reiteralm in Österreich. Fünf weitere Male konnte ich mich für die Top 30 qualifizieren: zweimal in der Superkombination, zweimal in der Abfahrt und zweimal im Super-G. Resultate, die für die Nominierung bei den Weltmeisterschaften in Aare in Schweden reichten. Dort belegte ich in der Abfahrt Rang 38, in der Superkombination schied ich aus.
In diesem Winter 2006 war ich immer einer der letzten beim Besichtigen der Rennstrecke, da ich den Großen im Skizirkus, etwa Hermann Maier oder Didier Cuche, ständig um Tipps gefragt habe. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mir Hermann Maier nach meinem 25. und 26. Platz in Kvitfjell sagte: „Jetzt gibt’s keine Ratschläge mehr, denn jetzt bist du schon vor mir.“
Die folgende Saison 2007 qualifizierte ich mich 17 Mal für die Top-30 und fünfmal für die Top-10. Gestartet mit der Nummer 48, fuhr ich in der Abfahrt von Bormio auf Platz 9 - mein wichtigstes Ergebnis. Das Rennen gewann Bode Miller. Das war ein Winter mit großen Fortschritten. Von Rennen zu Rennen bekam ich das bessere Gefühl für das Material - letztendlich war ich Trainingsschnellster bei der Abfahrt in Val d`Isere.
Im Dezember 2008 sollte mein Kindheitstraum in Erfüllung gehen. In Bormio gelang es mir mit Startnummer 1, meinen ersten Weltcupsieg herauszufahren. Ich stand sehr entschlossen am Start und dachte mir: „Christof, heute kannst du wirklich aufs Podium fahren, gib alles.“ Der „Platz an der Sonne“, wie es immer heißt, hat mir sehr gut getan, nie zuvor wartete ich so gerne auf meine Konkurrenten wie an diesem Tag. Ich war der erste Italiener, der auf der „Stelvio“- Piste gewinnen konnte. In dieser Saison schaffte ich noch zwei dritte Plätze in der Superkombination. Umso bedauerlicher war es, dass ich bei der WM in Val d´Isere mit dem 4. Rang das Podium um fünf Hundertstel-Sekunden verfehlte. Aksel Lund Svindal gewann vor Peter Fill und Didier Cuche. Die Bilanz dieser Saison war sehr positiv. Elf mal war ich unter den ersten 10 klassifiziert und machte in jeder Disziplin Weltcuppunkte. Das schafften in dieser Saison nur Ivica Kostelic und Daniel Albrecht.
Die Wintersaison 2009/10 war ein Rückschlag für mich. Ich startete mit voller Motivation und wollte alles „zerreißen“. Man ging davon aus, dass den Weltcup-Gesamtsieg gewinnen könnte. Leider habe viel zu viel trainiert und die nötigen Pausen nicht eingehalten. So zog ich mir einen Leistenbruch zu und starke Rückenschmerzen bestimmten meinen Trainingsalltag. Ich war traurig, dass ich die Resultate der vergangenen Saison nicht bestätigen konnte. Nur an die Europameisterschaft, wo ich im Slalom Zweiter wurde und an den sechsten Platz im Super-G bei den Olympischen Spielen in Vancouver erinnere ich mich gerne zurück.
Nach dem Weltcupfinale in Garmisch 2010 quälten mich so starke Rückenschmerzen, dass man mich direkt in das Brunecker Krankenhaus brachte. Eine Woche Aufenthalt und eine Physiotherapie folgten. Im April wurde mein Leistenbruch operiert. Nach diesem Eingriff fühlte ich mich sofort besser. Ich wusste, mein Körper ist wieder in Ordnung, endlich konnte ich ohne Schmerzen trainieren. Auch mental hat mich die Erfahrung gelehrt, dass verlieren hilft, um gewinnen zu lernen. Die neue Saison begann sehr gut. Fast immer gelang es mir, in die Top 10 zu fahren. Auf der „Stelvio“ Piste in Bormio erreichte ich den dritten Rang, der mir viel Selbstvertrauen zurückgab.
Meinen bisher größten Erfolg feierte ich bei der WM in Garmisch Partenkirchen 2011. Mein Ziel war es, alles zu riskieren und mit freiem Kopf zu fahren. Ich wollte verhindern, dass ich - wie in Val d´Isere (bei der letzten WM 2007) oder in Vancouver (Olympische Spiele 2009) - nur knapp am Podium vorbeischlittere. Ganz ehrlich: Ich war überzeugt, eine Medaille holen zu können. Dass ich jedoch um den Sieg mitfahre, hätte ich nicht gedacht. Gleich beim ersten Wettbewerb, dem Super-G, gewann ich Gold. Ich war natürlich sehr glücklich darüber, konnte es kaum realisieren. Für die nächsten Rennen sagte ich mir: Christof, alles was dazukommt ist nur noch eine Draufgabe. Trotzdem versuchte ich mich weiterhin zu konzentrieren und alles zu geben. So schaffte ich noch Bronze in der Abfahrt und Silber in der Superkombination, wo ich mit großer Freude neben meinem Freund und Zimmerkollegen, dem Drittplatzierten Peter Fill, auf dem Podium stehen durfte. Ein neues Kapitel in der Skigeschichte war geschrieben. Das was ich nie zu träumen gewagt hatte, ist wahrgeworden.
Die Saison 2011/2012 begann mit einem schlimmen Zwischenfall. Während des Super-G-Trainings in Stubai im November 2011 kam ich schwer zu Sturz. Ich erlitt ein Schädelhirntrauma und wurde ins Krankenhaus von Bruneck gebracht. Von da an quälten mich Kopfschmerzen, die mich beinahe die ganze Wintersaison durch begleiteten. Trotzdem entschied ich, bereits zehn Tage nach meinem Unfall, in die USA zu reisen. Ein Fehler, wie sich später herausstellte. Ich hätte in Europa bleiben und die Folgen des Sturzes auskurieren sollen. 2011/2012 wurde somit eine schwierige Saison für mich. Neben den Kopfschmerzen machten mir auch zunehmende Rückenleiden zu schaffen. Trotzdem gelang es mir, das Super-G-Finale in Schladming zu gewinnen.
Die Saison 2012/2013 begann bereits im Sommer mit großen Rückenproblemen. Zum ersten Mal seit ich in der Nationalmannschaft bin, entschied ich, nicht zum Skitraining nach Argentinien zu reisen. Ich versuchte mich auf heimischen Gletschern bestmöglich auf die neue Saison vorzubereiten. Glücklicherweise verbesserte sich im Herbst mein Zustand und ich lernte meine Kräfte richtig einzusetzen. Eine große Hilfe in der Zeit waren die Physiotherapeuten, die es verstanden, meinen Rücken richtig zu therapieren.
Die Saison 2012/2013 war eine wahrhaftig unglaubliche Saison für mich. Drei Siege in der Abfahrt auf drei legendären Pisten: Birds of Prey in Beaver Creek, Lauberhorn in Wengen und Kandhar a Garmisch. Dazu kam ein dritter Platz im Super-G auf der Streif in Kitzbühel.
Im Sommer 2013 ließ ich einen Lasereingriff an den Augen durchführen. Durch die Operation konnte meine geringe Fehlsichtigkeit beseitigt werden, die mich bei schlechten Sichtverhältnissen auf der Piste visuell eingeschränkt hatte. Heute sehe 18/10, also sehr gut.
2013 wurde ich zum Sportler des Jahres des italienischen Wintersportverbandes (FISI) gekürt. Bereits im Jahr 2011 hatte ich diese Auszeichnung erhalten. Des Weiteren wählte man mich als Testimonial für das Olympia Samsung Galaxy Team aus. Eine große Ehre für mich.
Die Saison 2013/2014 begann für mich durchwachsen. Anhaltende Rückenschmerzen aber auch die permanent schlechten Wettkampfverhältnisse erlaubten es mir nicht, 100 Prozent zu geben. Umso größer war die Motivation, bei den Olympischen Spielen in Sotschi zu zeigen, was ich kann. Am 9. Februar 2014 gewann ich die Olympische Silbermedaille in der Abfahrt, am 14. Februar 2014 folgte ganz überraschend die Bronzemedaille in der Superkombination. Mehrere Saisonen hatte ich keinen Slalom mehr bestritten. Ich freute mich so sehr über diese Medaille, dass ich am Podest einen Purzelbaum schlug. Damit schaffte ich es auf die Titelseite vieler großer Tageszeitungen. Ich konnte es nicht fassen: Mein persönlicher Traum ist in Sotschi wahr geworden.
Heimgekehrt als zweifacher Olympiamedaillen-Gewinner wurde ich im April zu „Südtirols Sportler des Jahres 2013“ gekürt. Ich freute mich sehr über die Auszeichnung, weil sie einmal mehr ein Zeichen dafür war, dass die Menschen hinter mir und meinen Erfolgen stehen.
Dank meiner Sponsoren wurde mir mit den Jahren Möglichkeit eröffnet, die schrille Modewelt kennenzulernen. Es bereitet mir viel Spaß, bei Modeschauen dabei zu sein und die Skier für ein Fotoshooting mal kurz in die Ecke zu stellen. Der Modekosmos ist, im Gegensatz zu meinem Alltag, eine völlig andere Realität und hilft mir, nach intensiven Wochen und Monaten im Skizirkus, abzuschalten. Vielleicht ist es genau dieser Gegensatz, der mir gefällt: Gewöhnt an eisige Gletscher, die Ruhe in den Bergen, den Schnee und das harte Training, erlebe ich für einige Stunden den pulsierenden Rhythmus der Fashionmetropole Mailand.